Coach across the Globe

Heide Liebmann

18. Dezember 2019
von Heide
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Wellington, die stürmische Schönheit am Cook Strait

Neuseelands Hauptstadt hat einen neuen Fan

Es war definitiv eine gute Entscheidung, meine letzten vier Wochen hier in Wellington zu verbringen. Die Stadt ist einerseits überschaubar, fast alles lässt sich zu Fuß erledigen oder mit dem recht gut ausgebauten ÖPNV. Andererseits gibt es wirklich viel, was man anschauen und erleben kann, bei gutem wie bei eher schlechtem Wetter, von dem ich hier leider nicht verschont blieb.

Achtung, das wird wieder ein sehr langer Artikel, weil ich einfach viel unternommen habe!

Die Wellingtonians sind ein buntes und aufgeschlossenes Völkchen. Ich hatte nicht eine schlechte Erfahrung hier, ganz im Gegenteil. Aber der Reihe nach:

Botanischer Garten und Cable Car

Einer meiner ersten Ausflüge hier in Wellington führte mich hoch zum Botanischen Garten, der sich mit der weltberühmten Cable Car bequem erreichen lässt. Ich bin einfach begeistert von den öffentlichen Grünanlagen hier, die allesamt sehenswert sind, sehr gepflegt und dem Erhalt historischer Fauna verpflichtet. Ich wanderte stundenlang durch die Gegend und freute mich über die vielen wunderschönen Pflanzen und Fotomotive.

Auf dem Rückweg besuchte ich noch den alten Friedhof, der inzwischen durch die Stadtautobahn durchschnitten wird, irgendwie sehr seltsam und offenbar auch sehr umstritten bei der damaligen Stadtplanung. Der Friedhof hat eine ganz eigene Atmosphäre, weil er teils verwildert ist. Ein ruhiger Ort über der Stadt.

Waterfront und Oriental Parade

An einem warmen Samstag lief ich von meinem Hostel, in dem ich die ersten 5 Tage hier verbrachte, hinunter zur Waterfront. Ich weiß gar nicht, wie ich das beschreiben soll. Eben noch bewegst du dich auf der quirligen Haupteinkaufsstraße Lambton Quay zwischen Hochhäusern, und plötzlich stehst du am Meer. In den letzten 20 Jahren hat die Stadt viel investiert, um den Zugang zur Waterfront freundlich zu gestalten. Man kann über den Civic Place direkt ans Meer gehen, ohne Ampeln passieren zu müssen. Die Gestaltung ist spannend, eine Mischung aus Holz, Beton und Stahl mit Maori-Symbolik und Sitzgelegenheiten, die sogar einigermaßen windgeschützt sind. Ich bin dort auch schon gesessen, und soweit ich beobachten konnte, wird das Angebot gern genutzt, von Studierenden und Backpackern ebenso wie von mittelalten Angestellten in der Mittagspause.

Entlang der gesamten Waterfront bis zur Queens Wharf gibt es kleine Coffee Shops – Wellington ist berühmt für seine Vielfalt an kleinen Röstereien, und wer ein echter Wellingtonian ist, der hat natürlich sein Lieblings-Café und seine bevorzugte Röstung! Ich bin relativ spät auf das Havana gestoßen – so feiner Kaffee, mmmh! Der Laden ist allerdings auf der Tory Street, nicht an der Waterfront.

In ehemaligen Lagerschuppen aus dem 19. Jahrhundert hat sich hippe Gastronomie angesiedelt, es gibt eine Bouldering-Halle, Spielplätze und überall Sitzgelegenheiten direkt am Wasser. Außerdem finden sich moderne Skulpturen von unterschiedlichen Künstlern. Ich habe den Sculpture Walk noch nicht absolviert, aber wenn das Wetter morgen einigermaßen ist, werde ich das wahrscheinlich noch tun.

Folgt man der Promenade am Wasser entlang Richtung Süden, passiert man das Te Papa, das unfassbar geniale riesige Museum mit Ausstellungen zu Neuseelands Natur und Naturgeschichte, zu Vulkanismus, zur Geschichte von Immigration, zur Teilnahme am zweiten Weltkrieg und dem Trauma von Gallipoli, und natürlich zur Maori-Kultur und -Kunst. Ich war insgesamt dreimal dort und könnte locker nochmal hin. Der Eintritt ist kostenfrei.

Dahinter beginnt die Oriental Parade, wo man einen superschönen hellen Strand aufgeschüttet hat, der an warmen Tagen wirklich voll ist. Einziges Problem aus meiner Sicht: nicht ein Schattenplatz weit und breit. Hier finden sich ein paar von Wellingtons besten und teuersten Wohnlagen …

Zealandia, das Ecosanctuary ganz nah an der Stadt

Nach 5 Tagen im Stadtzentrum zog ich um in ein Privatzimmer nach Woodridge, einem nördlichen Vorort, ca. 30 Busminuten von Wellington CBD (Central Business District) entfernt. Von meinem Gastgeber bekam ich leider nicht so viel mit, weil er tagsüber arbeitete und sich abends in der Regel schnell in seine privaten Räumlichkeiten verzog. Also blieb ich entweder auch in meinem Zimmer oder unternahm etwas. Die erste Woche blies ein starker Northerly, mit Böen von bis zu 60 kmh, das bläst schon ganz ordentlich dort oben auf der Höhe. Für mich ungewohnt war, dass der Sturm einfach nie nachließ, er blies Tag und Nacht in unverminderter Stärke, und das ist richtig laut! Die ersten Nächte schlief ich mit Ohrstöpseln, bis ich mich daran gewöhnt hatte.

Nach einem echt gruseligen Sonntag mit Dauerregen und Sturm klarte es dann am Montag endlich wieder auf und ich nutzte die Gelegenheit, um Zealandia zu besuchen. Das ist ein wunderbarer Ort, das erste Ökoreservat der Welt, das komplett eingezäunt ist, um eingewanderte Tierarten wie Katzen, Ratten, Wiesel, Kaninchen etc. auszuschließen, damit sich die heimische Flora und Fauna ungestört erholen und sprießen kann.

Ich buchte eine Führung und hatte großes Glück mit einer kleinen Gruppe und einem sehr engagierten und netten jungen Guide. Wir starteten morgens um 11 Uhr und sahen richtig viele der in Zealandia vorkommenden Tiere: in erster Linie Vögel wie den Tui, den selbst ich inzwischen am Gesang erkenne, das North Island Rotkehlchen, bei dem man die rote Kehle allerdings vergeblich sucht, und sogar die wunderschönen Saddlebacks, die eine sehr auffällige orangene Federzeichnung auf dem Rücken haben. Meine Lieblinge waren natürlich die Kaka-Papageien, die an der Futterstelle zahlreich herumturnten und sich mit den Tui kabbelten. Und ich bekam auch ein paar der grünen Kakariki zu sehen, was auf Maori „kleiner Papagei“ bedeutet. Tatsächlich sind das aber Laufsittiche.

Am Reservoir gibt es außerdem jede Menge Wasser- und Seevögel, aber davon habe ich nicht viele fotografieren können, sie waren einfach zu weit weg für das iPhone.

Wir hatten außerdem das Glück, einen Takahe zu sehen, eine Laufvogelart, von der es nur noch rund 400 Exemplare gibt. Ich finde das „mindblowing“, einer Kreatur zu begegnen, die vielleicht nicht mehr lange existiert. Vielleicht gelingt es aber auch, wenigstens diese Spezies zu retten. Das in Zealandia ansässige Pärchen brütet zuverlässig jedes Jahr ein Küken aus, das dann woanders wieder ausgesetzt wird, um die Genvielfalt insgesamt zu erhalten. Das finde ich ermutigend.

Und zu guter Letzt entdeckten wir auch einige Tuaratas. Das ist eine uralte Reptilienart, die schon mit den Dinosauriern hier war, älter als Krokodile und Schildkröten oder Schlangen. Sie sehen aus wie Minidrachen oder Eidechsen, sind aber eine ganz eigene Art. Eigentlich sind sie nachtaktiv und kommen tagsüber nur heraus, um sich ein bisschen zu sonnen.

Zealandia ist ein wunderbares Experiment, das auf 500 (!) Jahre angelegt ist. Die zuständigen Stellen möchten erreichen, dass sich hier irgendwann wieder ein ursprünglicher neuseeländischer Urwald ausbreitet – minus der 40 Prozent Tierarten, die leider bereits ausgestorben sind, seit der Mensch vor über 1000 Jahren seinen Fuß auf diesen Teil der Welt setzte. Ich finde das ganz großartig, in solchen Zeiträumen zu denken. Das sind mal Visionen! Wenn ich hier leben würde, wäre ich sicher Volunteer bei Zealandia.

Übrigens gilt das Ticket für zwei Tage, und so lief ich am Dienstag gleich nochmal über das Gelände und konnte diesmal noch viel bessere Bilder von Takahe und Tuarata machen.

Matiu / Somes Island: Kleine Perle im Hafen von Wellington

Den immer noch sonnigen Mittwoch nutzte ich für eine weitere halbstündige Bootstour nach Matiu. Das ist der Maori-Name für Somes Island, eine Insel, die mitten in der großen Hafenbucht von Wellington liegt und eine bewegte Geschichte hat: Unter anderem diente sie als Quarantäne-Station für Menschen, die mit ansteckenden Erkrankungen von den Schiffen kamen, später hat man hier Tiere in Quarantäne gehalten, bis sicher war, dass sie keine Krankheiten einschleppen würden. Während der Weltkriege hat man hier auch Menschen interniert, die wegen ihrer ursprünglichen Nationalität in Verdacht standen, für die feindlichen Mächte zu spionieren …

Seit einigen Jahren gehört die Insel wieder den ansässigen Maori-Stämmen und wird von ihnen gemeinsam mit dem Department of Conservation verwaltet. Auch hier wird Wert darauf gelegt, die Insel schädlingsfrei zu halten, also ohne Ratten, Katzen etc., damit sich die heimische Tierwelt erholen kann.

Ich habe während meines Besuchs zahlreiche Eidechsen gesehen, Seevögel natürlich, und ich durfte einem Vogelkonzert lauschen, das ich sogar aufgenommen habe. Bisher habe ich noch nicht herausgefunden, welche Art das war, aber einfach wunderschön! Lauscht mal rein.

Mount Victoria: Überwältigende Ausblicke

Donnerstag morgen entschied ich spontan, das noch schöne Wetter für einen Spaziergang hoch zur Aussichtsplattform von Mount Victoria zu nutzen. Hier bot sich ein zauberhafter Ausblick nach allen Seiten. War eine coole Idee, hier hinauf zu stiefeln!

Einmal Wellington Harbour Bay hin und zurück

Ein besonderer Mensch, dem ich hier begegnen durfte, nahm mich Sonntag und Montag mit auf eine Auto-Tour entlang der Küste. Wir besuchten Days Bay und Eastbourn, beliebte Ausflugsorte für Wellingtonians, mit der Fähre nur eine Dreiviertelstunde vom geschäftigen CBD entfernt. Sonntag war es windig und eher frisch, so dass nicht viel los war, aber ich konnte gut nachvollziehen, wieso es sich einfach wie ein kleiner Urlaubstag anfühlen kann, hierher zu fahren, obwohl man gar nicht weit weg ist von der Stadt.

Noch mehr beeindruckt hat mich unsere Tour am Montag Richtung Red Rocks am südlichen Ende der Bay. Zurück ging es über die Island Bay immer an der Küste entlang. Trotz der zahlreichen Warnschilder habe ich aber leider keinen der blauen Pinguine entdeckt. Tagsüber sind sie draußen im Meer auf Nahrungssuche und kehren erst abends ans Ufer zurück.

Stadtgeschichten

Zum Schluss noch ein paar Eindrücke aus der Stadt, Bilder, die ich gemacht habe, während ich unterwegs war zum einen oder anderen Museum, oder während ich mich über einen Markt habe treiben lassen. Ich mag die Holzhäuser hier, vor allem die aus dem 19. Jahrhundert. Sie sind vor allem erdbebensicherer als gemauerte Häuser und deshalb nach wie vor weit verbreitet.

Wellington ist mehr als einen Besuch Wert, und ich bin froh, dass ich so viel Zeit hatte, die Hauptstadt zu erforschen und auch einige ihrer Bewohner*innen näher kennenzulernen. Dazu bieten die Meetups hier hervorragende Gelegenheiten. Man meldet sich einfach zu einem der Events an und wird in der Regel von den jeweiligen Gastgebern dann mit anderen bekannt gemacht. Es ist wirklich easy, neue Freunde zu gewinnen. Das ist eins der Dinge, die ich mit Sicherheit mitbringen werde von hier: noch ein bisschen offener und neugierig auf andere Menschen zuzugehen, sich zu interessieren, Fragen zu stellen, einfach ins Gespräch zu kommen. Das fällt den meisten Leuten hier offenbar ganz leicht.

Übermorgen ist meine Zeit hier dann schon wieder vorbei, kaum zu glauben, wie schnell das ging. Dann geht es nochmal für zwei Tage nach Auckland, und am 23.12. steige ich dort in den Flieger, der mich über Seoul zurück nach Deutschland bringen wird.

Danke, dass du bis hierher gelesen hast! Ich hoffe, du kannst jetzt ein bisschen besser verstehen, wieso Wellington ein neues Fangirl gewonnen hat :-).

13. Dezember 2019
von Heide
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Kanban in Wellington

Plötzlich agil!

Wenn man sich im Ausland mit Kolleg*inn*en vernetzt, kann daraus plötzlich eine kleine Fortbildung werden. Agiles Arbeiten interessiert mich schon länger, denn ich glaube, dass wir wirklich andere Arbeitsmodelle brauchen, um die Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen.

In Düsseldorf konnte ich vor einigen Wochen an einer Führung bei Sipgate teilnehmen, einem Pionier der Internet-Telefonie in Deutschland. Da war ich schon sehr beeindruckt davon, wie durchdacht, transparent und open-minded das agile Arbeiten dort abläuft.

Deshalb fand ich es sehr spannend, als ich mich mit Silke Noll auf einen Kaffee in Wellington traf und sie mir von ihrem Schwerpunkt erzählte: als Kanban-Facilitator  und Coach in Organisationen echtes Change-Management zu initiieren und zu begleiten. Gefunden hatte ich Silke übrigens über die Meetup-Seite für Wellington, denn es gibt dort eine Gruppe von Coaches, die sich regelmäßig treffen – leider nicht mehr vor Weihnachten. Aber ich hatte einige angeschrieben, und Silke gehörte zu denen, die geantwortet hatte.

Silke NollSilke ist Deutsche und lebt seit 6 Jahren hier. Mehr zu ihr und ihrem professionellen Background erfahrt ihr auf ihrem Profil bei Kanban University. Und wenn ihr noch ein bisschen mehr über sie wissen wollt, schaut mal auf ihrer Website vorbei. Solltest du außerdem mal eine schöne Unterkunft in Wellington suchen: Silke vermietet auch zwei Zimmer in ihrem Beachhouse.

Sie bot mir an, an einem Meetup teilzunehmen, das sie in der kommenden Woche veranstalten wollte in ihrer Gruppe „Yes we Kanban“. Es ging dabei um ein Spiel, eine Kanban-Simulation, um bestimmte Vorgehensweisen zu verstehen und direkt zu üben.

Das war für mich als Newbie natürlich besonders spannend und ich freute mich sehr auf diese Gelegenheit, Kanban einfach mal auszuprobieren.

Dieses Spiel – es gibt noch sehr viel mehr, manche davon kostenpflichtig – nennt sich „Featureban“. Alle Infos zu Featureban lassen sich hier abrufen.

Im ersten Schritt ging es dabei um Visualisierung, ein zentrales Kanban-Element. Alle Arbeitsschritte werden visualisiert, so dass sie jederzeit für alle nachvollziehbar sind.

Kanban_Visual Management

Die anwesenden 10 Teilnehmer*innen wurden in Teams aufgeteilt. Wir bekamen die Aufgabe, die Website eines Supermarkts mit neuen Features zu versehen. Im ersten Schritt dachten wir uns also ein paar spannende Sachen aus, die wir als Kund*inn*en auf so einer Website gerne hätten. Jedes Team sollte 9 Features finden. Alle Ideen wurden jeweils auf einem Haftzettel notiert und unter „Ready“ abgelegt.

Im nächsten Schritt sollten wir uns dann jeweils eins dieser Features als Aufgabe wählen und mit unserem Namenskürzel versehen. Jedes dieser Features wurde dann auf „In progress“ verschoben. Auf diese Weise werden also alle Features und der gesamte Workflow visualisiert.

Regeln: Follow the rules!

Nun gab es ein Regel-Set, das mit Hilfe von Spielkarten erzeugt wurde.

Kanban_Regeln

Jedes Teammitglied zog pro Runde eine Karte. War die Karte schwarz, musste ich zum Beispiel eins meiner Features blockieren und entsprechend mit einem „B“ kennzeichnen. Das steht im Spiel für Faktoren, die den Fortgang eines Features erschweren oder verzögern. Beispielsweise schwierige Abstimmungen mit dem Kunden, Warten auf eine Freigabe etc.

Gleichzeitig musste ich in diesem Fall ein neues Feature starten, also aus dem „Ready“-Ordner für mich beanspruchen und wieder mit meinen Initialen kennzeichnen.

Zog ich hingegen eine rote Karte, durfte ich ein geblocktes Feature entblocken oder es weiter nach rechts verschieben. Gleichzeitig musste ich auch ein weiteres Feature initiieren.

Alle für das große Ganze

Das leuchtete relativ schnell ein. Interessant wird das Spiel, wenn man an den Punkt kommt, das man für das eigene Feature nichts Gutes tun kann. Dann geht es eigentlich erst so richtig um Teamarbeit: Welches Feature der anderen kann ich unterstützen? Denn schließlich arbeiten wir ja alle am selben Großprojekt und ziehen an einem Strang. Das wird hier richtig erlebbar.

Und ganz grundsätzlich stellte sich auch die Frage: ist es wichtiger, mein eigenes Feature voranzubekommen? Oder geht es darum, möglichst schnell möglichst viele Aufgaben abzuschließen? Und wie kann das dann gelingen?

Zentral für Kanban ist dabei die Idee, die Arbeit zu managen und Teams sich selbst um die Arbeit herum organisieren zu lassen. Im Vordergrund steht, Dinge als Team (und nicht als Einzelplayer) erledigt zu bekommen und nicht immer wieder neue Features anzufangen. Stop starting, start finishing. Das ist so ein Satz, der in dem Zusammenhang immer fällt.

Damit und den entsprechenden Diskussionen waren wir bereits knapp 2 Stunden beschäftigt. Man kann das Spiel aber auch noch anpassen und erweitern, die Regeln verändern etc.

Für mich als totalen Kanban-Newbie war das eine sehr spannende Erfahrung, in der ich mehr über Kanban gelernt habe als in einem Vortrag, einfach durchs Selbermachen und Erfahrungen sammeln und den anderen beim Erfahrungsaustausch zuhören (einige arbeiten bereits in agilen Umgebungen).

Ich bin Silke wirklich dankbar für die Gelegenheit, mal ins agile Arbeiten mit Kanban reinzuschnuppern und werde mich sicher weiter damit beschäftigen. Ich hätte große Lust, mehr dazu zu erfahren und peile eventuell sogar eine Fortbildung an.

Wer von euch hat Erfahrungen mit Kanban im Change Management Umfeld? Darüber würde ich gerne mehr erfahren.

 

 

4. Dezember 2019
von Heide
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Zwischenfazit: War’s das Wert?

Am Dienstagmorgen (in Deutschland Montagabend, immer noch eine geistige Elastizitätsübung für mich ;-)) fragten mich die Frauen aus meinem derzeit laufenden Gruppencoaching, wie es denn so wäre in Neuseeland. Was mir besonders gut gefiele, was weniger, ob es Dinge gäbe, mit denen ich zu kämpfen hätte, was denn mit meiner Challenge sei …

Das nehme ich also mal als Anlass, ein Zwischenfazit zu ziehen, denn tatsächlich kann ich heute quasi Bergfest feiern: Die Hälfte meines Aufenthalts in diesem Land ist vorbei.

Was mir besonders gut gefällt:

Das ist einfach: die Natur und die Freundlichkeit der Menschen. Neuseeland hat unglaublich vielseitige Landschaften zu bieten. Manchmal wähnt man sich fast im Allgäu oder in den Alpen – wenn die Palmen und Aufsitzerpflanzen nicht wären. Dann wieder bist du im tropischen Urwald mit uralten Baumriesen. Es gibt riesige Sanddünen, wo du dir je nach Perspektive plötzlich vorkommst wie mitten in der Sahara – jedenfalls stelle ich es mir dort so ähnlich vor. Und die Strände sind einzigartig, egal ob an der West- oder der Ostküste. Der immer wieder neue und andere Ausblick aufs Meer hat mich stets aufs Neue geflasht.

Coromandel

Was die Menschen betrifft, erlebe ich die Kiwis als sehr unkompliziert und aufgeschlossen. Und sie sind Meister*innen des Smalltalks. Es ist mir jetzt schon öfter passiert, dass mich die Kassiererin an der Kasse im Supermarkt gefragt hat, wie mein Tag bisher war und was ich denn noch so vorhabe. Da bist du erstmal baff als Deutsche, wo man sich doch oft noch nicht mal in die Augen schaut bei solchen Begegnungen.

Und sie sind alle super hilfsbereit. Egal wen du ansprichst, man wird dir helfen. Ob du nach dem Weg fragst, nach dem nächsten Bankautomaten oder wo man bitte eine French Press zur Kaffeezubereitung bekommen kann. Das musste ich heute unbedingt erfahren, weil mein Gastgeber nämlich nur Instantkaffee trinkt, und das kommt mir nicht in die Tasse! (Ich wurde zu Brescoes geschickt und ergatterte ein zu 60% ermäßigtes Schnäppchen, das ich wahrscheinlich mit nach Hause nehmen werde, aber das nur nebenbei.)

Beim Busfahren begrüßt man den Fahrer höflich, und beim Aussteigen bedankt sich fast jeder. Das finde ich wirklich bemerkenswert. Ich habe mir eine Snapper Card zugelegt, mit der man deutlich günstiger unterwegs ist. Man loggt sich beim Einsteigen ein und beim Aussteigen wieder aus, und so trackt das Gerät automatisch, wie viele Zonen man gefahren ist. Entsprechend viel wird vom Guthaben abgezogen. Finde ich eigentlich sehr clever. Die Karten sind nicht personenbezogen, so dass das Ganze auch datenschutztechnisch in Ordnung ist.

Was mir hier außerdem sehr positiv auffällt, sind die vielen öffentlichen Toiletten, die meist sehr gut ausgeschildert und in einem super Zustand sind. Überhaupt finde ich die Ausschilderungen hier insgesamt fantastisch, man kann sich praktisch nicht verfahren oder verlaufen, auch ohne Navi.

Museen und öffentliche Einrichtungen sind sehr gepflegt, meist gibt es freies WLAN. Das Te Papa hier in Wellington, wo ich heute war, ist didaktisch unfassbar großartig. Dazu gibt es noch einen eigenen Artikel, wenn ich nochmal dort war. Man schafft das unmöglich an einem Tag, das sprengt die Aufnahmekapazität.

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Wie du siehst, gefällt mir hier ziemlich viel :-).

Was mir weniger gut gefällt:

Das ist eigentlich auch einfach: der ständige Sturm momentan hier in Wellington ;-). Bisher hatte ich ja insgesamt großes Glück mit dem Wetter, das auch die ersten Tage in Welly noch anhielt. Aber seit vorgestern stürmt es ununterbrochen, man wird fast weggepustet, nachts ist der Sturm richtig laut, und es hört einfach nicht auf. Ich schlafe tatsächlich mit Ohrstöpseln.

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An den Linksverkehr habe ich mich inzwischen gewöhnt. Die letzten Tage habe ich abends eine amerikanische Serie auf Prime angeschaut – mit Rechtsverkehr natürlich. Das fühlte sich schon fast verkehrt an. Interessant, wie schnell das Gehirn insgesamt umschaltet. Trotzdem habe ich mich kürzlich fast von einem Bus überfahren lassen, weil ich in Gedanken doch erst zur falschen Seite geguckt hatte … No worries, ist ja nix passiert, und seitdem passe ich wieder sehr viel bewusster auf!

Womit ich zu kämpfen habe:

Das sind weniger Kiwi-typische Dinge, sondern eher meine eigene Haltung. Es gibt Abende, an denen fühle ich mich doch sehr weit weg von zuhause – und dann fällt mir ein, dass ich ja momentan gar kein richtiges Zuhause habe. Auch wenn das selbstgewählt ist, bleibt zuweilen ein irgendwie knatschiges Gefühl. Richtig Heimweh, glaube ich. Das habe ich unterschätzt.

Während der drei Wochen im Campervan fand ich einerseits toll, immer wieder den Standort zu wechseln. Ich bin nur an einem Ort für 3 Nächte geblieben, in Pahia in der Bay of Islands. Da war das Wetter auch gerade nicht so toll, und ich stand mit dem Camper vor einem sehr netten Hostel, der Mousetrap, wo ich die echt gemütlichen Loungeräume, die Duschen und die Küche nutzen konnte. Das war fein. Sonst war ich immer höchstens zwei Nächte an einem Ort. Das bedeutete, dass meine Kontakte notgedrungen immer nur sehr kurz und wenig intensiv waren. Diese Ungebundenheit wirft einen sehr auf sich selbst zurück, jedenfalls habe ich das so erlebt. Zum Glück kann ich ganz gut mit mir allein sein.

Was ich jetzt noch vorhabe:

Hier in Wellington bin ich gerade dabei, mit ein paar Leuten etwas intensiver in Kontakt zu gehen. Das war auch der Plan. Ich nutze dazu die Meetups, kennst du die? Ich habe einfach geschaut, was es da so gibt, und mich für mehrere Gruppen registriert. Gleich am zweiten Abend hier ging ich zu einem informellen Treffen in einer Bar und hatte einen sehr netten und anregenden Abend.

Heute habe ich mich zum Kaffee mit einer Coachkollegin getroffen, die vor 6 Jahren aus Deutschland hierher ausgewandert ist. Für kommende Woche hat sie mich zu einem Kanban-Spiel eingeladen. Kanban ist eine agile Methode, ich bin sehr gespannt darauf und werde dazu auch noch bloggen. Eine weitere Kollegin treffe ich wahrscheinlich kommende Woche, und ich habe mich zu einer Wanderung angemeldet. Und am Wochenende gehe ich zu einem Dinner in einem kambodschanischen Restaurant, zusammen mit 9 weiteren Menschen. Darauf freue ich mich auch schon sehr.

Du siehst, ich nutze meine Zeit.

Und zwischendurch arbeite ich auch tatsächlich und habe sogar ein ziemlich cooles Gruppencoaching entwickelt, das dann im Januar starten wird. Schau gerne mal vorbei.

Und die Challenge?

Wenn du von Anfang an hier mitliest, weißt du ja, welche Herausforderung ich mir gestellt hatte: jeden Tag mindestens einen Menschen in ein Gespräch verwickeln. Das ist mir bisher tatsächlich gelungen, und es war viel einfacher als ich dachte, wegen der bereits erwähnten Smalltalk-Fähigkeiten der Kiwis. Es ist wirklich super einfach, hier auf Menschen zuzugehen. Davon möchte ich mir auch in Deutschland ein bisschen was bewahren. Mit einem Lächeln und unvoreingenommen einfach drauflos zu quatschen und mal gucken, was passiert – das hat sich wirklich gelohnt bisher.

Unterm Strich:

Es war eine super Entscheidung, hierher zu fahren. Ich mag das Land und die Menschen, es macht mir Spaß, wieder mehr Englisch zu hören und zu sprechen, ich habe mich einigen Ängsten gestellt und wie fast immer gemerkt, dass alles halb so wild war. Das Leben ist schön!

18. November 2019
von Heide
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Regen im Paradies – Zeit für ein Update

Der letzte Beitrag ist schon wieder sechs Tage her, und tatsächlich kommt es mir noch viel länger vor. Das liegt wohl an dem bekannten Effekt, dass die Zeit sich dehnt, wenn du jeden Tag etwas ganz Neues tust. Hier erlebe ich ja wirklich täglich etwas anderes: Ich sehe neue Landschaften, fahre ungewohnte Straßen, rede mit ganz verschiedenen Menschen …

Im Moment gewittert es und schüttet es wie aus Kannen. Ich bin in Hahei, in der Nähe der Cathedral Cove, wo ich morgen ganz früh hinwandern möchte. Da soll das Wetter besser sein.

Und inzwischen verfasse ich diesen Beitrag für euch und erzähle ein bisschen mehr von dem, was mich beschäftigt, während ich diese traumhafte Natur hier erlebe.

Hole in the Rock

Am Tag nach Waitangi habe ich doch noch eine Bootstour zum Hole in the Rock gebucht. Das Wetter war immer noch nicht gülden, und einige Leute wurden auch wirklich seekrank, als wir aus der geschützten Bay auf den Pazifik hinausfuhren. Ich war wirklich dankbar, dass mein Magen das ganz gelassen aufnahm!

Auf dem Rückweg beruhigte sich das Wetter auch noch, und die Sonne kam heraus. Wir machten an einer kleinen Insel Halt und hatten dort eine Stunde lang Zeit, uns ein bisschen umzuschauen, was ich natürlich auch tat.

Mangonui und Cape Reinga

Am Mittwoch fuhr ich weiter nach Mangonui. Von dort aus wollte ich eine eintägige Bustour in den Norden nach Cape Reinga buchen. Erst einmal habe ich es dort wieder wunderschön angetroffen, ein ganz ruhig gelegener und wenig frequentierter Platz direkt an einer kleinen Bucht.

Es ist schon spannend, fast jeden Abend woanders Halt zu machen. Meinen Platz zu finden, Küche und sanitäre Anlagen anschauen. Gucken, wo ich meine Geräte aufladen kann. Hier und da ein kurzes Gespräch mit anderen Gästen. Aber meist bin ich allein mit mir und meinen Gedanken. Und die sind gar nicht so tiefschürfend, sondern kreisen oft um ganz alltägliche Dinge: Was esse ich heute Abend? Wann stehe ich auf? Was mache ich morgen?

In diesem Fall fiel die Entscheidung leicht: Ich buchte direkt über die sehr nette Dame an der Rezeption die Bustour nach Cape Reinga!

Unterwegs nach Cape Reinga

Schon auf dem Hinweg, der ganz normal über die Straße führte (der Rückweg führte dann am Ninety Miles Beach entlang), gab es ein paar sehr schöne Stopps. Jedesmal erzählte der Busfahrer ein bisschen was dazu. Die 70 NZD für diese Fahrt haben sich auf jeden Fall gelohnt!

Und dann kamen wir endlich an Cape Reinga an. Für die Maori ist das ein sehr spiritueller Ort. Zitat aus der Wikipedia:

In der Mythologie der Māori besitzt Cape Reinga eine besondere Bedeutung. Es wird erzählt, das über das Kap und der Untiefe von Te Nuku-o-Mourea die Seelen der Verstorbenen sich auf die Suche nach dem Gipfel Ōhau der Insel Manawatāwhi (Three Kings Islands) begeben und von dort aus, nach einem letzten Blick zurück in Richtung Aotearoa (Neuseeland), sich aufmachen auf ihren letzten Weg nach Hawaiki, dem Ort ihrer Ahnen.[2]

Um die Bedeutung des Ortes für die Māori den Besuchern des Kaps zu verdeutlichen, wurde am Zugang zum Kap ein Eingangstor errichtet. Sobald ein Besucher den Eingang erreicht, ertönen mystische Klänge, die akustisch die Seelenwanderung verdeutlichen und den Ort für Besucher als einen heiligen Ort erkennbar machen sollen. Auf dem dann folgenden Weg zum Cape Reinga Lighthouse erklären weitere Info-Tafeln etwas zur Mythologie des Ortes und zur umgebenen Natur.

Und dann kam die lange Fahrt zurück über den Ninety Miles Beach. Wir sind nicht die gesamte Strecke gefahren, aber eine Stunde lang ging es immer am Strand entlang. Wirklich unfassbar, dass ein Strand so unendlich lang sein kann! Außer Touristen ist hier auch sonst niemand unterwegs, es scheint wirklich das Ende der Welt zu sein.

Ich habe euch mal ein Video der Bordkamera hochgeladen, um euch einen Eindruck zu geben:

Am Donnerstag fuhr ich dann wieder zurück in südlicher Richtung. Ich wollte mir Tane Mahatu, den ältesten Baum Neuseelands, anschauen, und den Waipoua Forest mit einem Restbestand von alten Kauribäumen.

Tane Mahuta und der Waipoua Forest

Um zum Tane Mahuta, dem Vater des Waldes, zu gelangen, kurvt man ca. 30 Minuten lang über enge Straßen mit vielen Kurven. Für mich als wenig geübte Fahrerin sind diese Strecken mit dem Campervan doch immer noch anstrengend, vor allem bei Gegenverkehr. Zum Glück ist noch Nebensaison und nicht allzu viel los. Und es gibt immer wieder Ausweichbuchten, wo man die schnelleren Fahrer vorbeilassen kann. Mich zumindest hat das immer wieder deutlich entstresst ;-).

Und plötzlich ist man dann da. Am Eingang müssen die Schuhe geputzt und desinfiziert werden. Denn seit einigen Jahren gibt es die Kauri Dieback Disease, an der diese wunderschönen Bäume sterben. Es ist eine Erkrankung, die über Sporen im Erdreich verbreitet wird, und deshalb ist es so wichtig, möglichst keine Erde von einem infizierten Waldstück zu einem anderen zu tragen.

Der Tane Mahuta ist wirklich enorm. Über 2.000 Jahre alt ist dieses Wesen, und ich habe tatsächlich Ehrfurcht verspürt, als ich davor stand. Seine Vorfahren sind wahrscheinlich noch wesentlich älter geworden. Leider haben erst die Maori, dann aber vor allem die Europäer den Bestand sehr krass dezimiert. Man schätzt, dass heute nur noch 1-3 Prozent des ursprünglichen Kauriwaldes existieren …

Für diese Nacht buchte ich einen Platz im Trounson Kauri Park, weil ich in der CamperMate App gesehen hatte, dass dort geführte Nachtwanderungen angeboten wurden, um eventuell Kiwis zu sehen.

Wir hatten einen sehr coolen Guide, aber leider kein Glück: keine Kiwi-Sichtung.

Dafür bin ich dann am nächsten Morgen nochmal allein durch diesen Zauberwald gegangen – immer brav auf den Wegen, denn einen Kauri zu töten, macht ganz sicher richtig schlechtes Karma!

Anschließend machte ich mich auf die bisher längste Etappe meiner bisherigen Reise. Hätte ich allerdings geahnt, was da auf mich zukommt, hätte ich mich sicher anders entschieden … Ich wollte mich schon mal Richtung Coromandel Halbinsel orientieren und dachte, 256 km müssten doch bis nachmittags um ca. 16 Uhr zu schaffen sein. Dazu musste ich allerdings am Nadelöhr Auckland vorbei – und das kostete mich tatsächlich zwei Stunden für knapp 25 Kilometer Stop and Go. Das war echter Horror.

Und dann war auch noch die Ausfahrt, die ich eigentlich nehmen sollte, wegen eines schweren Unfalls gesperrt. Mein Navi brachte mich ehrlich an den Rand des Wahnsinns, weil es mich immer wieder zu dieser Ausfahrt zurückbringen wollte statt mir eine alternative Route anzubieten. Das kostete mich bestimmt nochmal eine Stunde, bis ein freundlicher Polizist mir endlich den entscheidenden Tipp gab. Völlig fertig trudelte ich gegen halb acht im Miranda Holiday Park ein.

Da kochte ich mir dann erstmal ein richtig gutes vegetarisches Chili und weichte mich anschließend fast eine halbe Stunde im von einer heißen Quelle gespeisten Pool ein – das tat der verspannten Nackenmuskulatur extrem gut! Leider gibt’s davon kein Bild.

Gleich am nächsten Morgen fuhr ich weiter, diesmal nur ein kurzes Stück. Ich brauchte nach dieser Erfahrung einfach einen Tag Auszeit. Da war das Tapu Camp genau die richtige Entscheidung, weil ich mit dem Camper direkt am Strand stand.

Auf dem Weg legte ich nur einen kurzen Stopp in Thames ein. Auf der Durchfahrt sah ich, dass gerade ein Flohmarkt stattfand, und da konnte ich nicht widerstehen. Tatsächlich konnte ich ein richtig leckeres Brot erstehen, sonst leider eine Seltenheit hier.

Und in einem Second Hand Laden fand ich auch noch eine bequeme Schlamperhose für die doch eher kühlen Nächte. Das hatte mir im Reisegepäck gefehlt. Tatsächlich war das Brot teurer als die Hose!

Und zu guter Letzt stattete ich dem Heimatmuseum noch einen kurzen Besuch ab. Ich mag ja solche zusammengewürfelten Sammlungen, von allem ein bisschen. Thames hatte eine kurze Blütezeit während des Goldrausches Ende des 19. Jahrhunderts – ja, sowas gab es hier auch!

Die Lebensbedingungen der Miners müssen grauenvoll gewesen sein. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts wurden dann eine Kirche und ein Krankenhaus gebaut, und allmählich verbesserten sich die Lebensumstände der Menschen. Der Goldrausch war bald wieder vorbei, dann wurde noch nach Kauriharz gegraben. Das Zeug war eine Zeitlang sehr wertvoll.

Am Morgen führte ich ein schönes Gespräch mit einer Dauerbewohnerin des Tapu Camp. Leanne erzählte mir, dass ihre ehemalige Partnerin sie um ihren gesamten Besitz, ihre Pferde und selbst ihr Auto gebracht habe. Auch jahrelanges Prozessieren hätte leider nicht geholfen. Sie wirkte aber nicht verbittert, sondern meinte, sie würde jetzt hier ihren zweiten Traum leben: direkt in der Natur, mit ihrem Hund Maxwell. Sie hat ein Auto, das sie selbst ausgebaut hat, so dass sie damit auch in der Gegend herumfahren und übernachten kann, einen Caravan, in dem sie schläft, und ein Mountainbike. Sie sagte, ihr fehle nichts.

Ich fand das beeindruckend. Denn mir ist inzwischen bereits klar, dass ich für so ein Dauerleben „on the road“ sicher nicht geschaffen bin. Für diesen überschaubaren Zeitraum ist es ganz cool, mit dem Campervan unterwegs zu sein. Aber ich glaube, auf Dauer habe ich es dann doch gern etwas komfortabler. Vielleicht liegt das am Alter? Oder ich bin nicht mehr flexibel genug? Eigentlich egal. Ich kann ja meine Wahl so treffen, wie es für mich gut passt.

Coromandel: Wanderung über den Harray Track

Gestern bin ich dann bis Coromandel gefahren. Dort wurde dann auch endlich mein Campervan ausgetauscht. Denn ich hatte ja leider mit einer primitiveren Version als der gebuchten Vorlieb nehmen müssen, weil mein Fahrzeug wohl kaputt war. Aber nun wurde es mir zu meinem Campingplatz gebracht. Ich habe jetzt endlich ein „powered vehicle“, das heißt, ich kann auf dem Campingplatz Strom zapfen und muss nicht ständig nach Steckdosen Ausschau halten, an denen ich meine Geräte aufladen kann. Und außerdem ist das jetzige Fahrzeug ein Hitop, und das bedeutet, ich kann darin stehen. Darüber freut sich mein Rücken besonders. Und es ist insgesamt besser ausgestattet: zwei Kochstellen statt einer, und sogar ein Toaster gehört zum Inventar ;-).

Da der Austausch bereits mittags erledigt war, konnte ich am Nachmittag dann endlich mal wandern gehen. Das Wetter spielte mit, es war sogar ziemlich warm, und ich begab mich also auf den Harray Track.

Damit bin ich am Ende dieses endlosen Blogartikels angelangt. Das ist wahrscheinlich der umfangreichste Beitrag, den ich jemals veröffentlicht habe ;-).

Ich fasse es selbst kaum, wie viel ich gesehen und erlebt habe in den letzten Tagen.

Drei Stunden bin ich jetzt am Rechner gesessen und habe die letzten Tage nochmal Revue passieren lassen. Ich hoffe, ihr habt Freude daran, mich ein bisschen zu begleiten. Das alles war nur möglich, weil ich hier im Hahei Holiday Resort unbegrenzten Zugang zum sehr schnellen und stabilen Internet habe – alles andere als selbstverständlich leider. Oft bekommt man nur 250 MB bis maximal 1 GB pro Tag, oder man muss dafür extra bezahlen. Dieser Platz hier ist mit 30 NZD relativ teuer. Es hätte auch günstigere Stellplätze gegeben, aber da gefiel es mir gar nicht. Hier stehe ich in der Nähe des Strandes.

Morgen will ich ganz früh aufstehen und zu Fuß zur Cathedral Cove wandern, was ungefähr eine Stunde dauern soll. Bis um 10 Uhr muss ich den Platz verlassen oder verlängern. Das entscheide ich dann morgen auf dem Rückweg.

Der Regen hat übrigens aufgehört. Ein kleiner Spaziergang am Strand vor dem Abendessen könnte eine gute Idee sein.

12. November 2019
von Heide
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Waitangi: Geburtsort der nationalen Identität Neuseelands

Die beiden letzten Tage waren wettermäßig ziemlich unbeständig, und was macht die Reisende zu solchen Zeiten? Richtig, sie bildet sich kulturell weiter.

Vorgestern habe ich daher Waitangi besucht, oder genauer: den Waitangi Treaty Ground. Hier wurde am 5. Februar 1840 der Vertrag zwischen Großbritannien und den United Tribes of New Zealand bzw. einer Versammlung von 400 Vertretern der nördlichen Stämme unterzeichnet, das Gründungsdokument des modernen Neuseelands.

Der Vertrag wurde auf Englisch und auf Maori ausgefertigt, aber offenbar gibt es diverse Unterschiede zwischen den beiden Fassungen, so dass der Kampf der Maori um Anerkennung ihrer Rechte noch immer nicht völlig ausgestanden ist.

Das Gelände ist recht weitläufig und wird inzwischen wunderbar gepflegt. Das war wohl nicht immer so.

Ich nahm an einer geführten Tour teil und ließ mir die historischen Details erklären. Außerdem bewunderte ich das größte Kriegskanu der Welt, Ngā Toki Matawhaorua, das von bis zu 125 Ruderern bewegt und jedes Jahr zum Waitangi Day zu Wasser gelassen wird. Es wurde 1940 gebaut, zum 100-jährigen Jahrestag der Vertragsunterzeichnung.

Im Treaty House konnte ich mir anschauen, wie der damalige Gouverneur James Busby mit seiner vielköpfigen Familie lebte. Das Anwesen verfiel nach seinem Tod, als auch seine Frau und seine Kinder wegzogen. Es ist tatsächlich einem adligen englischen Paar zu verdanken, dass es heute wieder in seinem Glanz erstrahlt, weil sie die historischen Bedeutung der Anlage erkannten und bewahren wollten.

Gegenüber wurde 1940 ein Maori-Versammlungshaus errichtet. Hier fand dann auch eine „Cultural Performance“ statt, die mich wider Erwarten beeindruckt hat. Alles begann mit einer Maori-Willkommenszeremonie, für die wir Besucher*innen uns einen „Chief“ wählen mussten. Dann folgten Maori-Tanz- und -Gesangsdarbietungen, verbunden durch kurze Informationen zur Kultur der Maori. Zum Schluss dann noch ein kurzer Haka, der Kriegstanz, der durch die All Blacks, die neuseeländische Rugby-Nationalmannschaft, international berühmt wurde.

Zu guter Letzt besuchte ich dann noch das moderne Museumsgebäude, das vom ersten Maori-Absolventen eines Architekturstudiums entworfen wurde und wunderschön ist. Auch didaktisch konnte mich die Ausstellung überzeugen, weil beide Seiten, Maori und Briten, zu ihrem Recht kommen.

Und weil ich ja im Urlaub bin und ein gewisses Maß an Dekadenz da auch dazugehört, habe ich dann abends noch ein traditionelles Hangi-Essen gebucht, mit Fleisch und Gemüse aus dem Erdofen – der heutzutage allerdings ein bisschen moderner gestaltet ist und eine Stahlplatte zum Deckel hat ;-). Davor gab es noch eine sehr stimmungsvolle Begegnung mit drei Maori-Chiefs im Urwald und anschließend nochmals eine Vorführung, die noch etwas länger dauerte als die nachmittäglichen 25 Minuten. Das war wieder sehr dicht, und ich habe zwischendurch fast vergessen, ein paar Fotos zu machen, weil ich so gebannt zugeschaut habe. Videos zu machen, war leider verboten.

Ich hoffe, die Bilder geben euch ein paar Eindrücke. Es war jedenfalls nicht die schlechteste Entscheidung, den Tag auf diese Weise zu verbringen!

 

8. November 2019
von Heide
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Scott Beattie: Kiwi kindness in person

Nun bin ich bereits seit einer Woche unterwegs auf meiner großen Reise und komme gar nicht nach mit all meinen Berichten. Sonntag morgen landete ich in Auckland, fuhr mit dem Bus ins Stadtzentrum und bezog mein vorab gebuchtes Zimmer im Attic Backpackers Hostel.

Montag hatte ich dann bereits das erste der von mir geplanten Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen in Neuseeland. Mit Scott traf ich mich in einem netten Café mit sehr gutem Kaffee. Er nahm sich anderthalb Stunden Zeit für mich, meine Fragen und einen Austausch – und er gab mir jede Menge guter Tipps. Und das war noch nicht alles! Aber der Reihe nach:

Vom Banking zum Coaching

Scott Beattie28 Jahre lang reiste Scott durch die Welt für seine Arbeitgeber, große, international tätige Banken. Irgendwann stellte er fest, dass ihm seine Leidenschaft für das Banking abhanden gekommen war. Aber gleichzeitig merkte er, dass es ihm Freude machte, sein Team zu fördern und zu beobachten, wie Menschen sich entwickelten.

Er war schon lange Mentor für Absolventen gewesen, hatte teilweise 10 bis 15 Leute gleichzeitig betreut, und das gab schließlich den Ausschlag dafür, dass er sich seiner zweiten Karriere widmete und sich zum Coach ausbilden ließ.

Heute arbeitet er gemeinsam mit einer Kollegin hauptsächlich im Team Coaching und begleitet Teams von 8 bis 15 Personen durch einen dreimonatigen Prozess, der auch Einzelcoachings beinhaltet.

Marketing? Word of mouth only!

Wie ich bereits von einer anderen Kollegin erfahren hatte, die als Deutsche eine Zeitlang hier in Neuseeland als Coach gearbeitet hatte, läuft hier eigentlich alles über das persönliche Netzwerk. Das ist im Grunde nicht weiter erstaunlich: Bei nur 4,4 Millionen Einwohnern insgesamt kennen hier wirklich alle um zwei Ecken herum alle anderen.

Scott erzählte mir, dass er seine Kunden ganz aktiv um Empfehlungen bittet – und das halte ich ja ganz grundsätzlich für eine gute Idee.

Thank you, Scott!

Gegen Ende unseres Gesprächs gab er mir noch jede Menge Tipps. Ihm habe ich den Tagesausflug nach Waiheke Island zu verdanken.

Und dann bot er einfach ganz unkompliziert an, mich am Mittwoch an meinem Hostel abzuholen und zum Vermieter meines Campervans zu bringen! Ich war durch diese Geste total berührt. Wahrscheinlich hat er gemerkt, dass mich das Ganze irgendwie auch stresste. Durch dieses Angebot nahm er mir wirklich einigen Stress, dafür war und bin ich so dankbar!

Gesagt, getan: Am Mittwoch stand er pünktlich vor meiner Unterkunft, und angekommen bei Eurocampers achtete er dann noch darauf, dass dort wirklich alles ok und ich in guten Händen war.

Die vielbeschworene Freundlichkeit, die den Kiwis nachgesagt wird – hier durfte ich sie erleben. Thank you, Scott, it was such a pleasure to meet you!

Land der langen weißen Wolke

7. November 2019 von Heide

So nannten die Maori Neuseeland: „Aotearoa“ – „Land der langen weißen Wolke“

Heute morgen wachte ich früh auf und entschied, nach dem Frühstück einen Strandspaziergang zu machen, zumal die Sonne sich gerade zeigte. Ich überquerte den kleinen Fluss, was bei Ebbe kein Problem ist. Nur wenige Minuten später stand ich plötzlich im Nebel und konnte nur noch wenige Dutzend Meter weit sehen.

Da dachte ich, vielleicht kommt die Bezeichnung daher. Plötzlich stehst du scheinbar mitten drin in der Wolke.

Es war eine völlig mystische, irgendwie unwirkliche Atmosphäre. Ich war ganz allein. Rechts von mir brachen sich die Wellen am endlosen Strand. Einige Seevögel suchten nach Futter. Hin und wieder war die Sonne hinter den Nebenschwaden zu erahnen. Es war einfach unglaublich schön.

Eindrücke von heute morgen:

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Als ich nach einer halben Stunde wieder zurück war, ging ich schnurstracks zur Rezeption und verlängerte meinen Aufenthalt um einen Tag. Eine gute Entscheidung. Denn ich merkte: Ich will mich noch gar nicht damit beschäftigen, wohin es als nächstes gehen soll. Ich fühle mich insgesamt noch etwas orientierungslos. Wahrscheinlich ist meine Seele noch nicht ganz hier angekommen.

Heute Mittag lief ich in der anderen Richtung am scheinbar endlosen Strand entlang, in Richtung auf die von den sehr freundlichen Mitarbeitern empfohlenen Muschelfelsen. Barfuß auf dem mal weichen, aber zumeist durch die Nässe der letzten Flut kompakten Sand. Aber das Ende des Strands war für mich nicht zu sehen. Denn wieder verdeckten Nebelschwaden, die vom Meer hereinschwebten oder direkt vom Sand aufstiegen, die Sicht.

Und ich dachte, ja, so ist das, das Ende ist nicht absehbar. Wir wissen alle nicht, wie und wo es mal enden wird …

Solcherart philosophisch gestimmt, lief ich einfach weiter, und natürlich kam ich auch an bei den Muschelfelsen.

Eindrücke von heute Mittag:

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Da saß ich dann am Strand und schaute zu, wie die Flut langsam wieder einsetzte. Weit und breit war niemand zu sehen. Ich war ganz allein. Fantastisch und furchterregend zugleich.

Wo will ich hin mit dieser Reise?

Alles war über die letzten Monate darauf ausgerichtet, es hierher zu schaffen. Nun bin ich da. Manchmal kommen mir tatsächlich die Tränen, und ich muss es mir nochmal bestätigen: Ja, ich habe es getan! Ich bin wirklich hier! – Und jetzt?

Ich schätze, diese Frage dürfte mich noch ein Weilchen beschäftigen in den nächsten Tagen. Ich nehme mir einfach die Zeit, die es braucht. Weil ich ja hier bin, um anzukommen und nicht, um einfach weiter drauflos zu hetzen.

 

 

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Waiheke Island

4. November 2019 von Heide

All in one: Bootstour, Wein, Strand und Wandern

Gestern morgen traf ich Scott Beattie, einen Kollegen aus Oakland, Leadership Coach, zum Kaffee. Dazu schreibe ich noch einen separaten Artikel.

Er legte mir jedenfalls wärmstens ans Herz, den restlichen Tag dazu zu nutzen, mit der Fähre nach Waiheke Island zu fahren und mir die verschiedenen Weingüter anzuschauen, die teilweise preisgekrönt sind.

Bei strahlendem Sonnenschein fand ich, das klang nach einer guten Idee – und das war es auch.

Rund 35 Minuten auf dem Boot, eine traumhafte Landschaft, ein bisschen Wandern, lecker essen, ein schöner Wein dazu. Anschließend ein weiterer kleiner Spaziergang von ca. 30 Minuten nach Oneroa. Von dort aus stieg ich in den Hop-on-hop-off-Bus bis nach Onetangi und verbrachte dort eine schöne Zeit am Strand. Im Bikini. Das fühlte sich echt noch äußerst unwirklich an.

Meine selbst gesetzte Challenge (jeden Tag mindestens eine Person in ein Gespräch verwickeln), habe ich auch geschafft: Mit der Bedienung im The Verandah (Cable Car Vineyard) habe ich ein Weilchen geplaudert und erfahren, dass sie Finnin ist und für ein Jahr hier. Sie macht Work&Travel, obwohl sie zuhause zwei Kinder hat (11 und 13), um die sich ihr Mann kümmert, um ihr diese Auszeit zu erlauben. Und sie hat ihre Kinder natürlich auch gefragt, ob das für sie ok wäre. Sie meinte, wenn sie selbst oder die Kids irgendwann finden, es sei jetzt genug, würde sie halt früher in den Flieger nach Hause steigen. Das fand ich echt bemerkenswert.

Am Strand begegnete mir beim Schlendern ein Mann mit seinem Hund, der sich auch sofort in ein Gespräch verwickeln ließ. Bisher stimmt das Vorurteil über die Kiwis jedenfalls total: Von der Frau an der Kasse im Supermarkt bis zu den Menschen, die dir beim Wandern begegnen – einfach alle supernett!

Insgesamt war es ein traumhafter Tag, obwohl ich zu wenig Zeit hatte, um mehr Wein zu verkosten ;-). Aber das war für das Budget auch schonender … die Fahrt kostete immerhin 68 neuseeländische Dollar inklusive der Busnutzung (umgerechnet knapp 40 €). Aber es hat sich absolut gelohnt!

Und hier ein paar Eindrücke, um dich ein bisschen neidisch zu machen … 😉 Wenn du auf eins der Bilder klickst, öffnet sich die Galerie.

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31. Oktober 2019
von Heide
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Meine persönliche Kontakt-Challenge

Offen sein, mich zeigen, Spaß haben!

Ich vermute mal, die meisten von euch da draußen, die mich schon ein Weilchen begleiten, würden nicht unbedingt annehmen, dass ich eigentlich ziemlich schüchtern bin. Doch, echt.

Alleine um die halbe Welt zu fliegen, um dann mit dem Campervan 3 Wochen allein über die Nordinsel Neuseelands zu fahren, ist für mich auch deshalb eine Herausforderung, weil mich das zwingt, täglich in Kontakt mit fremden Menschen zu gehen.

©depositphotos.com/peshkova

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Ich kann mich an einen Städteurlaub vor ca. 10 Jahren erinnern. Damals war ich allein in Madrid. Tagsüber war das kein Problem. Aber abends fühlte ich mich total allein und einsam und war einfach nicht in der Lage, über meinen Schatten zu springen und allein vor die Tür zu gehen. Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, alle würden mich nur total blöd angucken … Ja, ich weiß, völlig absurd im Grunde. Aber tatsächlich habe ich die Abende allein auf meinem Zimmer verbracht.

Diesmal soll mir das nicht passieren. Deshalb habe ich bereits im Vorfeld Kontakt zu Kolleginnen und Kollegen aufgenommen, die in Neuseeland als Coach tätig sind. Die meisten von ihnen sitzen in Auckland, der größten Stadt des Landes. Da trifft es sich gut, dass ich die ersten 3 Tage dort verbringe, bevor ich den Campervan übernehme. Ich werde wahrscheinlich mindestens drei von ihnen treffen und freu mich jetzt schon darauf!

Eine weitere Kollegin sitzt auf der Coromandel-Halbinsel, und natürlich werde ich auch dort vorbeischauen. Ich finde es großartig, dass ich schon ein paar Anlaufpunkte habe.

Natürlich werde ich die Kolleginnen und Kollegen darüber ausfragen, wie sie zum Coaching gekommen sind, welche Ausbildungen sie durchlaufen haben und wer ihre Kunden sind bzw. wie sie diese finden. Auch ihre Positionierung und ihr Marketing interessieren mich sehr. Ich bin echt gespannt darauf, welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten sich da zeigen werden. Wenn diese Coaches einverstanden sind, werde ich über unsere Begegnung auch jeweils bloggen, so dass auch ihr etwas von diesen Gesprächen erfahrt.

Meine Challenge: Täglich ein Gespräch

Abgesehen davon habe ich mir eine kleine persönliche Challenge vorgenommen: Jeden Tag will ich einen fremden Menschen in ein Gespräch verwickeln! An manchen Tagen ist das ganz einfach, denke ich. An anderen Tagen wird mich das etwas Überwindung kosten. Ich bin sehr gespannt, ob ich das durchhalten kann! Ich werde auch darüber berichten.

Das alles habe ich mir vorgenommen, weil ich weiß, dass es eigentlich die Begegnungen mit anderen Menschen sind, die einen Aufenthalt in einem anderen Land so unvergesslich machen. Ja, die Landschaften in Neuseeland sind traumhaft schön. Aber wenn ich an frühere Reiseerfahrungen zurückdenke, dann sind es die gemeinsamen Erlebnisse mit anderen Menschen, an die ich mich oft erinnere und die meinen Erfahrungen Tiefe geben.

Jetzt habe ich gerade mal gerechnet: Ich bin 7 Wochen unterwegs, das bedeutet, ich werde mindestens 49 Gespräche führen … Na, dann lass ich mich mal überraschen!

 

 

Zerbrochener Glückskeks mit Zettel Get ready for adventure

28. Oktober 2019
von Heide
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Das wahre Abenteuer

Das eigene Potenzial im Unbekannten entdecken

Zerbrochener Glückskeks mit Zettel Get ready for adventure

©depositphotos.com/bradcalkins

In den letzten Wochen war ich damit beschäftigt, mein Leben auf den Kopf zu stellen:

Ich habe meine Wohnung aufgelöst, in der ich 25 Jahre gelebt habe und gleichzeitig diese Reise in eins meiner Traumländer vorbereitet.

Das hat mich mit vielen Herausforderungen konfrontiert, die mich teilweise echt ans Limit geführt haben. Bei solchen Projekten klappt ja nie alles auf Anhieb, und manche Dinge gehen quasi in letzter Minute schief, und man muss trotzdem noch irgendwie eine Lösung finden.

Es hat schlussendlich alles geklappt, auch wenn ich vier Tage vor dem Auszug auch noch meine Stimme fast gänzlich verloren habe … Der Körper zeigte mir, dass es langsam reicht. Ich glaube, ich habe einfach ziemlich unterschätzt, was das alles auch emotional bedeutet:

  • Der Abschied von Düsseldorf, der Stadt, in der ich 29 Jahre und damit den größten Teil meines Lebens verbracht habe. Und ich habe sehr gern dort gelebt und mich als Rheinländerin gefühlt. Es war irgendwie seltsam in den letzten Wochen, so oft zu denken „Da gehst du jetzt wahrscheinlich zum letzten Mal hin.“ Was natürlich irgendwie Quatsch ist, denn ich werde ja öfter zu Besuch in Düsseldorf sein. Aber eben: zu Besuch. Es fühlt sich halt doch nach Abschied an. Was ja auch richtig ist.
  • All die Dinge, die sich in meiner kleinen Wohnung über die Jahre doch angesammelt hatten, nochmal sichten, bewerten, sortieren und teilweise loslassen – das hat mich intensiv beschäftigt. Ganz zuletzt habe ich zum Beispiel noch den großen Karton voller alter Tagebücher wiederentdeckt. Und mit den Geschichten, die ich schon als kleines Mädchen geschrieben habe.
  • Nicht zuletzt musste ich ja auch vielen Menschen, die mir hier ans Herz gewachsen sind, fürs erste Adieu sagen. Das war mir theoretisch natürlich vorher klar, aber praktisch hat sich das dann oft doch sehr traurig angefühlt und es flossen einige Tränen.

Aufbruch und Neubeginn

Ich bin oft gefragt worden, wieso ich das eigentlich alles tue. Also die Wohnung auflösen, alle Klamotten einlagern und dann erstmal 7 Wochen ganz raus, eben nach Neuseeland. Und danach den Neustart in Lübeck, wo ich noch keine Wohnung habe. Und wieso alles auf einmal.

Darauf konnte ich dann immer nur antworten, dass ich das Gefühl hatte, es sei jetzt einfach dran. In all dem Stress und Wiggel der letzten Wochen habe ich daran wirklich nie gezweifelt. Es war die richtige Entscheidung.

Als Coach rede ich ja immer viel darüber, die Komfortzone zu verlassen. In der Regel meine ich damit gar nicht unbedingt so radikale Schritte. Kleine Veränderungen, die einen vor eine gewisse Herausforderung stellen, trainieren aber den „Mutmuskel“. Das habe ich in der Vergangenheit immer wieder getan.

Jedes Mal konnte ich etwas über mich dabei lernen. Staunend entdecken, wie mutig ich eigentlich bin, zum Beispiel. Oder herausfinden, dass Gästebetreuung in einem Yogacenter mir auch große Freude machen kann. Zuletzt habe ich das literarische Schreiben wieder für mich entdeckt. Damit irgendwann nach draußen zu gehen, wird auch wieder interessant …

Durch diese ganzen Vorerfahrungen war für mich nun auch der große Schritt möglich – und ich spüre schon jetzt, was das mit mir macht.

Leben findet außerhalb der Komfortzone statt, jedenfalls das Leben, das ich mir wünsche.

„… nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise, mag lähmender Gewöhnung sich entraffen. (…)  Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben …“ (aus „Stufen“ von Hermann Hesse, einem meiner Lieblingsgedichte)

In diesem Sinne bin ich bereit, die alten Routinen hinter mir zu lassen und mich zu öffnen für die Dinge in mir, die sich noch zeigen wollen. Die das Unbekannte brauchen, um sich zu entfalten. Um das Abenteuer Potenzial wirklich auszukosten.

Jemand sagte kürzlich zu mir „Du wirst als eine andere Heide wiederkommen!“ Und ich bin davon überzeugt, dass das stimmt.

Ich freue mich, wenn du mich in den nächsten Wochen auf meiner inneren und äußeren Reise begleitest. Es ist herzklopfend aufregend, ich habe Angst und fühle mich manchmal ganz wackelig – aber gleichzeitig fühle ich ganz tief drin in mir das totale Vertrauen in die Weisheit meiner Seele, die ganz genau weiß, was für mich richtig ist.

Ka kite ano – bis bald!