Coach across the Globe

Heide Liebmann

Regen im Paradies – Zeit für ein Update

Der letzte Beitrag ist schon wieder sechs Tage her, und tatsächlich kommt es mir noch viel länger vor. Das liegt wohl an dem bekannten Effekt, dass die Zeit sich dehnt, wenn du jeden Tag etwas ganz Neues tust. Hier erlebe ich ja wirklich täglich etwas anderes: Ich sehe neue Landschaften, fahre ungewohnte Straßen, rede mit ganz verschiedenen Menschen …

Im Moment gewittert es und schüttet es wie aus Kannen. Ich bin in Hahei, in der Nähe der Cathedral Cove, wo ich morgen ganz früh hinwandern möchte. Da soll das Wetter besser sein.

Und inzwischen verfasse ich diesen Beitrag für euch und erzähle ein bisschen mehr von dem, was mich beschäftigt, während ich diese traumhafte Natur hier erlebe.

Hole in the Rock

Am Tag nach Waitangi habe ich doch noch eine Bootstour zum Hole in the Rock gebucht. Das Wetter war immer noch nicht gülden, und einige Leute wurden auch wirklich seekrank, als wir aus der geschützten Bay auf den Pazifik hinausfuhren. Ich war wirklich dankbar, dass mein Magen das ganz gelassen aufnahm!

Auf dem Rückweg beruhigte sich das Wetter auch noch, und die Sonne kam heraus. Wir machten an einer kleinen Insel Halt und hatten dort eine Stunde lang Zeit, uns ein bisschen umzuschauen, was ich natürlich auch tat.

Mangonui und Cape Reinga

Am Mittwoch fuhr ich weiter nach Mangonui. Von dort aus wollte ich eine eintägige Bustour in den Norden nach Cape Reinga buchen. Erst einmal habe ich es dort wieder wunderschön angetroffen, ein ganz ruhig gelegener und wenig frequentierter Platz direkt an einer kleinen Bucht.

Es ist schon spannend, fast jeden Abend woanders Halt zu machen. Meinen Platz zu finden, Küche und sanitäre Anlagen anschauen. Gucken, wo ich meine Geräte aufladen kann. Hier und da ein kurzes Gespräch mit anderen Gästen. Aber meist bin ich allein mit mir und meinen Gedanken. Und die sind gar nicht so tiefschürfend, sondern kreisen oft um ganz alltägliche Dinge: Was esse ich heute Abend? Wann stehe ich auf? Was mache ich morgen?

In diesem Fall fiel die Entscheidung leicht: Ich buchte direkt über die sehr nette Dame an der Rezeption die Bustour nach Cape Reinga!

Unterwegs nach Cape Reinga

Schon auf dem Hinweg, der ganz normal über die Straße führte (der Rückweg führte dann am Ninety Miles Beach entlang), gab es ein paar sehr schöne Stopps. Jedesmal erzählte der Busfahrer ein bisschen was dazu. Die 70 NZD für diese Fahrt haben sich auf jeden Fall gelohnt!

Und dann kamen wir endlich an Cape Reinga an. Für die Maori ist das ein sehr spiritueller Ort. Zitat aus der Wikipedia:

In der Mythologie der Māori besitzt Cape Reinga eine besondere Bedeutung. Es wird erzählt, das über das Kap und der Untiefe von Te Nuku-o-Mourea die Seelen der Verstorbenen sich auf die Suche nach dem Gipfel Ōhau der Insel Manawatāwhi (Three Kings Islands) begeben und von dort aus, nach einem letzten Blick zurück in Richtung Aotearoa (Neuseeland), sich aufmachen auf ihren letzten Weg nach Hawaiki, dem Ort ihrer Ahnen.[2]

Um die Bedeutung des Ortes für die Māori den Besuchern des Kaps zu verdeutlichen, wurde am Zugang zum Kap ein Eingangstor errichtet. Sobald ein Besucher den Eingang erreicht, ertönen mystische Klänge, die akustisch die Seelenwanderung verdeutlichen und den Ort für Besucher als einen heiligen Ort erkennbar machen sollen. Auf dem dann folgenden Weg zum Cape Reinga Lighthouse erklären weitere Info-Tafeln etwas zur Mythologie des Ortes und zur umgebenen Natur.

Und dann kam die lange Fahrt zurück über den Ninety Miles Beach. Wir sind nicht die gesamte Strecke gefahren, aber eine Stunde lang ging es immer am Strand entlang. Wirklich unfassbar, dass ein Strand so unendlich lang sein kann! Außer Touristen ist hier auch sonst niemand unterwegs, es scheint wirklich das Ende der Welt zu sein.

Ich habe euch mal ein Video der Bordkamera hochgeladen, um euch einen Eindruck zu geben:

Am Donnerstag fuhr ich dann wieder zurück in südlicher Richtung. Ich wollte mir Tane Mahatu, den ältesten Baum Neuseelands, anschauen, und den Waipoua Forest mit einem Restbestand von alten Kauribäumen.

Tane Mahuta und der Waipoua Forest

Um zum Tane Mahuta, dem Vater des Waldes, zu gelangen, kurvt man ca. 30 Minuten lang über enge Straßen mit vielen Kurven. Für mich als wenig geübte Fahrerin sind diese Strecken mit dem Campervan doch immer noch anstrengend, vor allem bei Gegenverkehr. Zum Glück ist noch Nebensaison und nicht allzu viel los. Und es gibt immer wieder Ausweichbuchten, wo man die schnelleren Fahrer vorbeilassen kann. Mich zumindest hat das immer wieder deutlich entstresst ;-).

Und plötzlich ist man dann da. Am Eingang müssen die Schuhe geputzt und desinfiziert werden. Denn seit einigen Jahren gibt es die Kauri Dieback Disease, an der diese wunderschönen Bäume sterben. Es ist eine Erkrankung, die über Sporen im Erdreich verbreitet wird, und deshalb ist es so wichtig, möglichst keine Erde von einem infizierten Waldstück zu einem anderen zu tragen.

Der Tane Mahuta ist wirklich enorm. Über 2.000 Jahre alt ist dieses Wesen, und ich habe tatsächlich Ehrfurcht verspürt, als ich davor stand. Seine Vorfahren sind wahrscheinlich noch wesentlich älter geworden. Leider haben erst die Maori, dann aber vor allem die Europäer den Bestand sehr krass dezimiert. Man schätzt, dass heute nur noch 1-3 Prozent des ursprünglichen Kauriwaldes existieren …

Für diese Nacht buchte ich einen Platz im Trounson Kauri Park, weil ich in der CamperMate App gesehen hatte, dass dort geführte Nachtwanderungen angeboten wurden, um eventuell Kiwis zu sehen.

Wir hatten einen sehr coolen Guide, aber leider kein Glück: keine Kiwi-Sichtung.

Dafür bin ich dann am nächsten Morgen nochmal allein durch diesen Zauberwald gegangen – immer brav auf den Wegen, denn einen Kauri zu töten, macht ganz sicher richtig schlechtes Karma!

Anschließend machte ich mich auf die bisher längste Etappe meiner bisherigen Reise. Hätte ich allerdings geahnt, was da auf mich zukommt, hätte ich mich sicher anders entschieden … Ich wollte mich schon mal Richtung Coromandel Halbinsel orientieren und dachte, 256 km müssten doch bis nachmittags um ca. 16 Uhr zu schaffen sein. Dazu musste ich allerdings am Nadelöhr Auckland vorbei – und das kostete mich tatsächlich zwei Stunden für knapp 25 Kilometer Stop and Go. Das war echter Horror.

Und dann war auch noch die Ausfahrt, die ich eigentlich nehmen sollte, wegen eines schweren Unfalls gesperrt. Mein Navi brachte mich ehrlich an den Rand des Wahnsinns, weil es mich immer wieder zu dieser Ausfahrt zurückbringen wollte statt mir eine alternative Route anzubieten. Das kostete mich bestimmt nochmal eine Stunde, bis ein freundlicher Polizist mir endlich den entscheidenden Tipp gab. Völlig fertig trudelte ich gegen halb acht im Miranda Holiday Park ein.

Da kochte ich mir dann erstmal ein richtig gutes vegetarisches Chili und weichte mich anschließend fast eine halbe Stunde im von einer heißen Quelle gespeisten Pool ein – das tat der verspannten Nackenmuskulatur extrem gut! Leider gibt’s davon kein Bild.

Gleich am nächsten Morgen fuhr ich weiter, diesmal nur ein kurzes Stück. Ich brauchte nach dieser Erfahrung einfach einen Tag Auszeit. Da war das Tapu Camp genau die richtige Entscheidung, weil ich mit dem Camper direkt am Strand stand.

Auf dem Weg legte ich nur einen kurzen Stopp in Thames ein. Auf der Durchfahrt sah ich, dass gerade ein Flohmarkt stattfand, und da konnte ich nicht widerstehen. Tatsächlich konnte ich ein richtig leckeres Brot erstehen, sonst leider eine Seltenheit hier.

Und in einem Second Hand Laden fand ich auch noch eine bequeme Schlamperhose für die doch eher kühlen Nächte. Das hatte mir im Reisegepäck gefehlt. Tatsächlich war das Brot teurer als die Hose!

Und zu guter Letzt stattete ich dem Heimatmuseum noch einen kurzen Besuch ab. Ich mag ja solche zusammengewürfelten Sammlungen, von allem ein bisschen. Thames hatte eine kurze Blütezeit während des Goldrausches Ende des 19. Jahrhunderts – ja, sowas gab es hier auch!

Die Lebensbedingungen der Miners müssen grauenvoll gewesen sein. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts wurden dann eine Kirche und ein Krankenhaus gebaut, und allmählich verbesserten sich die Lebensumstände der Menschen. Der Goldrausch war bald wieder vorbei, dann wurde noch nach Kauriharz gegraben. Das Zeug war eine Zeitlang sehr wertvoll.

Am Morgen führte ich ein schönes Gespräch mit einer Dauerbewohnerin des Tapu Camp. Leanne erzählte mir, dass ihre ehemalige Partnerin sie um ihren gesamten Besitz, ihre Pferde und selbst ihr Auto gebracht habe. Auch jahrelanges Prozessieren hätte leider nicht geholfen. Sie wirkte aber nicht verbittert, sondern meinte, sie würde jetzt hier ihren zweiten Traum leben: direkt in der Natur, mit ihrem Hund Maxwell. Sie hat ein Auto, das sie selbst ausgebaut hat, so dass sie damit auch in der Gegend herumfahren und übernachten kann, einen Caravan, in dem sie schläft, und ein Mountainbike. Sie sagte, ihr fehle nichts.

Ich fand das beeindruckend. Denn mir ist inzwischen bereits klar, dass ich für so ein Dauerleben „on the road“ sicher nicht geschaffen bin. Für diesen überschaubaren Zeitraum ist es ganz cool, mit dem Campervan unterwegs zu sein. Aber ich glaube, auf Dauer habe ich es dann doch gern etwas komfortabler. Vielleicht liegt das am Alter? Oder ich bin nicht mehr flexibel genug? Eigentlich egal. Ich kann ja meine Wahl so treffen, wie es für mich gut passt.

Coromandel: Wanderung über den Harray Track

Gestern bin ich dann bis Coromandel gefahren. Dort wurde dann auch endlich mein Campervan ausgetauscht. Denn ich hatte ja leider mit einer primitiveren Version als der gebuchten Vorlieb nehmen müssen, weil mein Fahrzeug wohl kaputt war. Aber nun wurde es mir zu meinem Campingplatz gebracht. Ich habe jetzt endlich ein „powered vehicle“, das heißt, ich kann auf dem Campingplatz Strom zapfen und muss nicht ständig nach Steckdosen Ausschau halten, an denen ich meine Geräte aufladen kann. Und außerdem ist das jetzige Fahrzeug ein Hitop, und das bedeutet, ich kann darin stehen. Darüber freut sich mein Rücken besonders. Und es ist insgesamt besser ausgestattet: zwei Kochstellen statt einer, und sogar ein Toaster gehört zum Inventar ;-).

Da der Austausch bereits mittags erledigt war, konnte ich am Nachmittag dann endlich mal wandern gehen. Das Wetter spielte mit, es war sogar ziemlich warm, und ich begab mich also auf den Harray Track.

Damit bin ich am Ende dieses endlosen Blogartikels angelangt. Das ist wahrscheinlich der umfangreichste Beitrag, den ich jemals veröffentlicht habe ;-).

Ich fasse es selbst kaum, wie viel ich gesehen und erlebt habe in den letzten Tagen.

Drei Stunden bin ich jetzt am Rechner gesessen und habe die letzten Tage nochmal Revue passieren lassen. Ich hoffe, ihr habt Freude daran, mich ein bisschen zu begleiten. Das alles war nur möglich, weil ich hier im Hahei Holiday Resort unbegrenzten Zugang zum sehr schnellen und stabilen Internet habe – alles andere als selbstverständlich leider. Oft bekommt man nur 250 MB bis maximal 1 GB pro Tag, oder man muss dafür extra bezahlen. Dieser Platz hier ist mit 30 NZD relativ teuer. Es hätte auch günstigere Stellplätze gegeben, aber da gefiel es mir gar nicht. Hier stehe ich in der Nähe des Strandes.

Morgen will ich ganz früh aufstehen und zu Fuß zur Cathedral Cove wandern, was ungefähr eine Stunde dauern soll. Bis um 10 Uhr muss ich den Platz verlassen oder verlängern. Das entscheide ich dann morgen auf dem Rückweg.

Der Regen hat übrigens aufgehört. Ein kleiner Spaziergang am Strand vor dem Abendessen könnte eine gute Idee sein.

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