Coach across the Globe

Heide Liebmann

Kanban in Wellington

Plötzlich agil!

Wenn man sich im Ausland mit Kolleg*inn*en vernetzt, kann daraus plötzlich eine kleine Fortbildung werden. Agiles Arbeiten interessiert mich schon länger, denn ich glaube, dass wir wirklich andere Arbeitsmodelle brauchen, um die Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen.

In Düsseldorf konnte ich vor einigen Wochen an einer Führung bei Sipgate teilnehmen, einem Pionier der Internet-Telefonie in Deutschland. Da war ich schon sehr beeindruckt davon, wie durchdacht, transparent und open-minded das agile Arbeiten dort abläuft.

Deshalb fand ich es sehr spannend, als ich mich mit Silke Noll auf einen Kaffee in Wellington traf und sie mir von ihrem Schwerpunkt erzählte: als Kanban-Facilitator  und Coach in Organisationen echtes Change-Management zu initiieren und zu begleiten. Gefunden hatte ich Silke übrigens über die Meetup-Seite für Wellington, denn es gibt dort eine Gruppe von Coaches, die sich regelmäßig treffen – leider nicht mehr vor Weihnachten. Aber ich hatte einige angeschrieben, und Silke gehörte zu denen, die geantwortet hatte.

Silke NollSilke ist Deutsche und lebt seit 6 Jahren hier. Mehr zu ihr und ihrem professionellen Background erfahrt ihr auf ihrem Profil bei Kanban University. Und wenn ihr noch ein bisschen mehr über sie wissen wollt, schaut mal auf ihrer Website vorbei. Solltest du außerdem mal eine schöne Unterkunft in Wellington suchen: Silke vermietet auch zwei Zimmer in ihrem Beachhouse.

Sie bot mir an, an einem Meetup teilzunehmen, das sie in der kommenden Woche veranstalten wollte in ihrer Gruppe „Yes we Kanban“. Es ging dabei um ein Spiel, eine Kanban-Simulation, um bestimmte Vorgehensweisen zu verstehen und direkt zu üben.

Das war für mich als Newbie natürlich besonders spannend und ich freute mich sehr auf diese Gelegenheit, Kanban einfach mal auszuprobieren.

Dieses Spiel – es gibt noch sehr viel mehr, manche davon kostenpflichtig – nennt sich „Featureban“. Alle Infos zu Featureban lassen sich hier abrufen.

Im ersten Schritt ging es dabei um Visualisierung, ein zentrales Kanban-Element. Alle Arbeitsschritte werden visualisiert, so dass sie jederzeit für alle nachvollziehbar sind.

Kanban_Visual Management

Die anwesenden 10 Teilnehmer*innen wurden in Teams aufgeteilt. Wir bekamen die Aufgabe, die Website eines Supermarkts mit neuen Features zu versehen. Im ersten Schritt dachten wir uns also ein paar spannende Sachen aus, die wir als Kund*inn*en auf so einer Website gerne hätten. Jedes Team sollte 9 Features finden. Alle Ideen wurden jeweils auf einem Haftzettel notiert und unter „Ready“ abgelegt.

Im nächsten Schritt sollten wir uns dann jeweils eins dieser Features als Aufgabe wählen und mit unserem Namenskürzel versehen. Jedes dieser Features wurde dann auf „In progress“ verschoben. Auf diese Weise werden also alle Features und der gesamte Workflow visualisiert.

Regeln: Follow the rules!

Nun gab es ein Regel-Set, das mit Hilfe von Spielkarten erzeugt wurde.

Kanban_Regeln

Jedes Teammitglied zog pro Runde eine Karte. War die Karte schwarz, musste ich zum Beispiel eins meiner Features blockieren und entsprechend mit einem „B“ kennzeichnen. Das steht im Spiel für Faktoren, die den Fortgang eines Features erschweren oder verzögern. Beispielsweise schwierige Abstimmungen mit dem Kunden, Warten auf eine Freigabe etc.

Gleichzeitig musste ich in diesem Fall ein neues Feature starten, also aus dem „Ready“-Ordner für mich beanspruchen und wieder mit meinen Initialen kennzeichnen.

Zog ich hingegen eine rote Karte, durfte ich ein geblocktes Feature entblocken oder es weiter nach rechts verschieben. Gleichzeitig musste ich auch ein weiteres Feature initiieren.

Alle für das große Ganze

Das leuchtete relativ schnell ein. Interessant wird das Spiel, wenn man an den Punkt kommt, das man für das eigene Feature nichts Gutes tun kann. Dann geht es eigentlich erst so richtig um Teamarbeit: Welches Feature der anderen kann ich unterstützen? Denn schließlich arbeiten wir ja alle am selben Großprojekt und ziehen an einem Strang. Das wird hier richtig erlebbar.

Und ganz grundsätzlich stellte sich auch die Frage: ist es wichtiger, mein eigenes Feature voranzubekommen? Oder geht es darum, möglichst schnell möglichst viele Aufgaben abzuschließen? Und wie kann das dann gelingen?

Zentral für Kanban ist dabei die Idee, die Arbeit zu managen und Teams sich selbst um die Arbeit herum organisieren zu lassen. Im Vordergrund steht, Dinge als Team (und nicht als Einzelplayer) erledigt zu bekommen und nicht immer wieder neue Features anzufangen. Stop starting, start finishing. Das ist so ein Satz, der in dem Zusammenhang immer fällt.

Damit und den entsprechenden Diskussionen waren wir bereits knapp 2 Stunden beschäftigt. Man kann das Spiel aber auch noch anpassen und erweitern, die Regeln verändern etc.

Für mich als totalen Kanban-Newbie war das eine sehr spannende Erfahrung, in der ich mehr über Kanban gelernt habe als in einem Vortrag, einfach durchs Selbermachen und Erfahrungen sammeln und den anderen beim Erfahrungsaustausch zuhören (einige arbeiten bereits in agilen Umgebungen).

Ich bin Silke wirklich dankbar für die Gelegenheit, mal ins agile Arbeiten mit Kanban reinzuschnuppern und werde mich sicher weiter damit beschäftigen. Ich hätte große Lust, mehr dazu zu erfahren und peile eventuell sogar eine Fortbildung an.

Wer von euch hat Erfahrungen mit Kanban im Change Management Umfeld? Darüber würde ich gerne mehr erfahren.

 

 

Kommentare sind deaktiviert.